Geschäftsmodelle

AVoD, SVoD, TVoD – Business- und Content-Strategien


Der Streaming-Markt teilt sich in unterschiedliche Player auf:
  • Plattformanbieter (Amazon, Apple, Zattoo)
  • Gerätehersteller (Samsung, LG, Panasonic)
  • Inhalteproduzenten (Disney, Warner/HBO, TV-Sender)
  • Infrastrukturanbieter (Vodafone, Deutsche Telekom)

Die Grenzen zwischen den Playern sind fließend. OTT-Anbieter wie Zattoo oder waipu.tv streamen über ihre Plattformen das lineare Programm von TV-Sendern und reichern es mit verschiedenen Funktionen an. Netflix und Amazon dagegen verfügen ebenfalls über Plattformen, produzieren aber eigene Inhalte abseits des TV-Programms. Den Plattformanbietern, Geräteherstellern und Inhalteproduzenten gemein ist, dass sie keine eigene Infrastruktur zur Verfügung stellen, wenn man einmal von Empfangsgeräten absieht.

Eine eigene Infrastruktur besitzen hingegen (Kabel-)Netzbetreiber wie Vodafone oder Deutsche Glasfaser, die aber wiederum keine eigenen Inhalte produzieren, sondern diese für ihre Plattformen aggregieren oder aggregieren lassen. Davon unterscheidet sich noch einmal die Deutsche Telekom: Sie produziert eigenen Content, aggregiert aber auch Drittinhalte und verfügt über eine eigene Infrastruktur – sowohl im Festnetz als auch mobil.

Milliarden für Filme und Serien

Der Erfolg des Streamings ist eng verknüpft mit den Inhalten, die angeboten werden. Während die Zuschauer*innen im Fernsehen eine Woche auf die nächste Folge ihrer Lieblingsserie warten müssen, können sich die Netflix-Nutzer*innen gleich mehrere Staffeln hintereinander anschauen. Binge Watching ist nicht mehr allein auf physische Medien wie die DVD oder Blu-ray begrenzt. Dadurch ergeben sich gerade im Storytelling von Serien neue Möglichkeiten.
Investitionen in Eigenproduktionen:

NetflixAmazon
20178,9 Mrd. $
4,5 Mrd. $
201812 Mrd. $
5 Mrd. $
201915,1 Mrd. $
5,8 Mrd. $
Quelle: VoD-Ratings, Goldmedia 2019
Amazon und Netflix investieren Milliarden in die Content-Produktion. Nach Angaben des Beratungsunternehmens Goldmedia waren es 2017 bei Netflix 8,9 und bei Amazon 4,5 Milliarden US-Dollar. Bis 2019 sind diese Ausgaben um über die Hälfte gestiegen. Dabei fallen bei den zwölf bis 13 US-Dollar, die Netflix pro Abonnement einnimmt, 7,50 US-Dollar auf Investitionen in eigene Produktionen. Bei Amazon liegt dieser Anteil bei 3,10 US Dollar pro Abo. Ob sich diese Ausgaben rechnen, wird die Zukunft zeigen. 
„Je größer die Eigenart und das lokale Profil, desto größer ist der Erfolg.“
Kelly Luegenbiehl
Vice President Creative, International Originals bei Netflix bei den MEDIENTAGEN MÜNCHEN 2018
Der Content, ob aggregiert oder eigenproduziert, wird in verschiedenen Businessmodellen vermarktet:

AVoD

Advertising Video on Demand. Die Inhalte werden über Werbeeinblendung finanziert. Die Spots werden vor, während und nach der Ausstrahlung des Inhalts gezeigt (Pre-Roll, Mid-Roll, Post-Roll). Für den Zugang muss in der Regel ein Benutzerkonto angelegt werden.

SVoD

Subscription Video on Demand. Inhalte sind nur im Abonnement, also gegen die Zahlung eines monatlichen oder jährlichen Beitrags zugänglich. Die Nutzung ist zeitlich ungebunden. Teilweise können die Inhalte auch heruntergeladen werden.

TVoD

Transactional Video on Demand. Dabei handelt es sich um die Überführung des aus dem Pay-TV stammenden Pay-per-view. Die Bezahlung erfolgt pro Inhalt, welcher dann für einen bestimmten Zeitraum angeschaut werden kann.

EST

Electronic Sell Through. Im Gegensatz zum TVoD ersteht der Nutzer das Recht, einen Inhalt herunterzuladen und ihn zeitlich uneingeschränkt zu konsumieren. Diese Variante wird auch als „Download to own“ (DTO) bezeichnet. Streng genommen handelt es sich hierbei nicht um Streaming.
Während Angebote wie Netflix, Apple TV+ oder Amazon Prime Video reine SVoD-Dienste sind, handelt es sich bei Joyn und RTLNow um hybride Streaming-Angebote, die sowohl werbefinanzierte als auch kostenpflichtige Inhalte anbieten. Dazu gehören auch AVoD-Anbieter wie Pantaflix oder Netzkino, die eine Kombination aus Werbefinanzierung und TVoD bieten, wobei sowohl TVoD als auch EST im Streaming-Markt eine immer geringere Rolle spielen. Demgegenüber stehen die reinen AVoD-Anbieter wie etwa Popcorntimes oder das für Europa angekündigte IMDb TV von Amazon.
„Die meisten Nutzer wollen nicht zahlen.“
Manuel Uhlitzsch
Strategy Advisor Pantaflix AG, bei den MEDIENTAGEN MÜNCHEN 2019
Die Marktteilnehmer unterscheidet ein weiteres Kriterium: die Diversität. Amazon ist vor allem ein Online-Marktplatz, über den es dem US-Konzern gelungen ist, sein mit Amazon Prime verknüpftes Streaming-Angebot in den Markt zu drücken. Apple ist zusätzlich im Endgerätemarkt aktiv und Disney hat seine Studios, Kreuzfahrtschiffe und Vergnügungsparks. Einzig die Hybrid-Anbieter Joyn und TVNow sowie die reinen SVoD-Anbieter sind ausschließlich Content-Häuser. Dieser Umstand könnte noch zu einer Machtverschiebung im Streaming-Markt führen, wenn es einerseits um die Vermarktung der eigenen Inhalte geht und andererseits in schlechten Zeiten, wenn andere Unternehmensbereiche den schwächelnden Sektor stützen müssen. Für Apple oder Amazon ist Streaming ein weiteres, für Netflix ist es das einzige Geschäftsfeld.

Alle kooperieren – nur einer nicht

In den vergangenen Jahren entwickelten sich im Rahmen der Content-Distribution unterschiedliche Allianzen. Netflix kann zum Beispiel auch über die Giga-TV-Plattform von Vodafone sowie über den Pay-TV-Anbieter Sky empfangen werden. Anders herum gehen auch die TV-Sender auf die neuen Streaming-Anbieter zu. So können etwa über Amazon Prime Inhalte des ZDF kostenpflichtig abonniert werden.
„Kooperationen werden immer wichtiger, sei es den Content oder die Technik betreffend.“
Thomas Henkel
Executive Vice President Strategy bei Sky Deutschland, bei den MEDIENTAGEN MÜNCHEN 2018
Und auch die TV-Konzerne untereinander kooperieren im Streaming-Bereich, was in der Vergangenheit aufgrund des Kartellrechts fast unmöglich erschien. ProSiebenSat.1 und Discovery haben sich zur Streaming-Plattform Joyn zusammengetan und laden andere Fernsehsender ein, an Bord zu kommen. Davon sieht die Mediengruppe RTL Deutschland allerdings ab. Sie ist mit ihrer Plattform TVNow auch im Alleingang recht erfolgreich.

Die Zeit der Allianzen wurde jedoch mit dem Start von Disney+ jäh beendet. Das Streaming-Angebot des US-Medienkonzerns wird in Deutschland zunächst exklusiv von der Telekom vertrieben. Erst 2021 können auch die Sky-Kund*innen Disney+ empfangen. Damit strebt der Konzern nicht nur bei den Inhalten, sondern auch in der Distribution Exklusivität an. Diese Strategie könnte sich nachhaltig auf den Streaming-Markt auswirken, wenn Wachstum nicht mehr durch steigende Reichweiten, sondern durch exklusive Inhalte generiert werden muss.

Die Rechte­situation für Streaming und neue TV-Funktionen

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