Die Zukunft des Podcast-Markts

Das Engagement großer Medienhäuser, der Zuspruch für die unterschiedlichsten Formate im Publikum und nicht zuletzt die Bereitschaft von Werbekunden, in Podcasts zu investieren, zeigen einen klaren Trend: Podcasts sind kein Phänomen, das irgendwann wieder verschwindet. Sie werden zweifellos ihren Platz im Medienmix in Deutschland finden.

Bei entsprechendem Erfolg werden Podcasts auch in anderen Medien besprochen. Zudem zeichnet sich eine ähnliche Entwicklung in Bezug auf User Generated Content ab, wie sie vor einigen Jahren im Bereich Video stattfand. Auch, wenn die Inhalte sowohl thematisch als auch stilistisch sicher nicht vergleichbar sind, ist unstrittig, dass sich neben On-Demand-Video auch On-Demand-Audio in den immer intensiver werdenden Wettbewerb um die Mediennutzungszeit des Publikums einschaltet. Anders gesagt wäre es geradezu überraschend, wenn die auf vielen Ebenen sichtbaren und spürbaren Disruptions-Phänomene ausgerechnet vor Audio beziehungsweise Radio halt machen würden.

Wohin diese Entwicklung in Deutschland letztlich führt, bleibt abzuwarten. An reiferen Vorreitermärkten wie den USA oder Großbritannien lässt sich zumindest eine Entwicklung auch für Deutschland mutmaßen. Sie ist gekennzeichnet durch die folgenden Merkmale und Phänomene:

    Nach einer Goldgräberstimmung kommt es zu einer Konsolidierung des Markts: Wenige Marktteilnehmer etablieren sich mit substanziellen Mitarbeiter- und Umsatzzahlen. Kleinere Firmen oder Einzelunternehmer verschwinden wieder vom Markt oder werden geschluckt. Die größeren Unternehmen haben neben einem Zugang zu Kapital (Werbekunden, Sponsoren) auch einen Zugang zu Technologie, Know-how und Personal. Sie etablieren sich in allen Bereichen: Produktion von Content, Vermarktung, Verbreitungstechnologie und Marktbearbeitung (Marketing für Podcasts). Häufiger, aber nicht immer, deckt ein größeres Unternehmen mehrere dieser Felder ab. Nicht selten kommen die Unternehmen, die sich in dieser Phase durchsetzen, aus bereits etablierten Unternehmensfamilien im Medienbetrieb.

    Inhalte-Anbieter, Kreative, Redakteur*innen und Produzent*innen befinden sich in einem zunehmend professionalisierten Anbieterwettbewerb. Dabei geht es nicht nur um die bessere Idee, die kreativere Umsetzung oder das schlauere Konzept, sondern auch um die besten Kontakte und die passendsten
    und überzeugendsten Moderator*innen.

    Die Angebote werden sich mutmaßlich stärker entlang zweier Pole einordnen lassen: auf der einen Seite der fast konzeptlos wirkende Influencer-Podcast, der durch Authentizität und Persönlichkeiten, aber auch durch eine gewisse Unstrukturiertheit oder Spontanität im Storytelling sein Publikum anspricht. Auf der anderen Seite der so genannte Big Podcast, der bezüglich Konzept, Umsetzungsaufwand, Produktionsqualität und Marketing äußerst aufwendig ist. Hier werden die Grenzen zu Hörspielen und Hörbüchern, die mit hohen Zeit- und Kapitalbudgets produziert wurden, verschwimmen. ​​​​

    Auf inhaltlicher Ebene ist eine zunehmende Fokussierung auf die Person des Stars beziehungsweise der Hauptperson(en) zu erwarten. In den USA spricht man bereits von einem „battle of talents“. Analog etwa zu unterhaltungsorientierten Sendungen im klassischen Fernsehen steht und fällt der Erfolg eines Medienproduktes entscheidend mit der Passung und Persönlichkeit der Moderator*innen.

    Wenige anerkannte Vermarkter, die vom Großteil der Werbekunden zur Platzierung von Media-Budgets genutzt werden, etablieren sich. Ein Zugang zu diesen für eine unternehmerische Entwicklung relevanten Geldern ist entscheidend für entstehende und bestehende Unternehmer.

    Analog zum Online-Video-Markt entsteht ein Regulierungsbetrieb. Die Trennung von Werbung und Inhalt, die Platzierung von Produkten und andere Werbeformen sowie die allgemeine Zulässigkeit der Verbreitung werden zunehmend überwacht. Die Frage nach der Zuständigkeit sowie die Frage nach der rechtlichen Zulässigkeit von eventuellen Sanktionierungen bei Verstößen ist noch nicht beantwortet.
Der Podcast-Markt beziehungsweise On-Demand-Audio-Markt steht bezüglich seiner Entwicklung als System nach wie vor in der Phase des „Storming und Forming“. Es wird viel versucht, ausprobiert, getestet und gelernt. Vieles scheitert, manches gelingt, fast alles ist neu. Für einen Teil der Audio-Welt, nämlich die Radiobranche, ist das Chance und Herausforderung zugleich.

Podcasts bewegen, provozieren, irritieren und stimulieren Publikum und Macher*innen. Mit dem Auftreten und Verschwinden unterschiedlichster Akteure im Markt, einer Vielzahl an Angeboten und konzeptionellen wie vermarkterischen Ansätzen sowie einer gewissen Ungewissheit bezogen auf die Zukunft der Mediennutzung insgesamt fordern oder zwingen Podcasts viele im Audio-Markt, sich damit auseinanderzusetzen, was unternehmerisches Handeln bedeutet. In diesem Sinne machen Podcasts den Markt für alle spannender: Für die Macher*innen, für die Kunden und vor allem natürlich für das weiterwachsende Publikum.

Bei diesem „Erwachsenwerden“ des Markts werden, nicht unähnlich der Reifung anderer Medien-Märkte, wie etwa der des Privatradios, idealistische oder ursprüngliche Reformen möglicherweise an den Rand gedrängt, auch, weil sie dem Anspruch eines Mainstream-Publikums nicht genügen. Das Internet aber ist, im Gegensatz zur knappen Ressource Broadcast-Frequenz, unendlich groß, oder anders gesagt: Es ist Platz für alle. Daher ist davon auszugehen, dass bei fortschreitender Marktreife und Etablierung des Podcasts als weiterem Genre im Media-Mix alle Spielarten dieses Mediums auf ihre Art existieren können.

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